Die Vorbereitungen auf die Clubtour 2017 starteten wie gewohnt sehr früh. Beim Präsidenten mit der Buchung der Hotels in St. Anton und Sölden zu Beginn des Jahres, bei vielen anderen mit physischem und vor allem psychischem Training. Letzteres sollte fast wichtiger sein als fitte Waden.
Doch der Reihe nach. Wie gewohnt trafen nicht alle Teilnehmer pünktlich am vereinbarten Treffpunkt ein. Mit Folgen für den Verspäteten, musste er doch sein Bianchi mit der Bahn bis St. Margrethen transportieren. Die anderen Räder machten die Reise im Begleitbus.
Nichtsdestotrotz erfolgte der Start zu den ersten Velokilometern von allen gemeinsam. Der Kaffeehalt erfolgte in Bludenz unter einer Strassenbrücke unweit des Bahngeleises. Zumindest der Vizepräsi war so was von begeistet, fuhr man doch kurz vorher durch die schöne Altstadt von Feldkirch, mit vielen lauschigen Strassencafés und hübschen Serviertöchtern, ohne Rast zu machen.
Danach folgte der erste Schleicher hinauf Richtung Arlbergpass. Dieser sollte aber nicht wie angenommen nur ein Schleicher sein, mussten doch 1200 Höhenmeter überwunden werden. Durch diese Gewissheit stieg die Nervosität förmlich an. Auch weil die Beschilderung nicht das Niveau der Schweiz erreicht, mussten mehrmals die richtigen Wege gesucht werden. Weiter stellte sich heraus, dass der letzte Abschnitt des Arlbergpasses mit dem Fahrrad nicht befahren werden konnte. Grund dafür ist die Sanierung des Autobahntunnels und die damit verbundene Umleitung des Verkehrs über den Pass. Somit reduzierte sich die Höhe um ca 600 m und die Distanz um 9 km.
Ein erstes Mal war mentale Stärke gefragt. Was mich zur Auflistung der Teilnehmer und ihrer Stärken und Schwächen führt. Es wäre höchst vemessen, aus der Reihenfolge eine Rangliste abzulesen, sie ist rein zufällig gewählt:
- Der Präsident: Wie eh und je der Fels in der Brandung, tempofest, wird aber nicht jünger und spritziger
- Möschtu (der Verfasser dieses Berichts): „Das Wunder vom Tirol“, lieber fahren statt nach Ausreden suchen
- Christopf Kühni: potenzielles Neumitglied, potenzieller Siegfahrer
- Marcel Wälti: fast nicht zu unterscheiden von Peter Sagan, nie um eine Antwort verlegen, von Groupies umgarnt
- Colin Kropf: der Jungspund mit Talent, bringt viel mit, muss noch viel lernen
- Vizepräsident: Eifert den Profis nach, in den entscheidenden Situationen mental zerbrechlich
- Adolf Steiner: Der „Grümscheler“ aus dem Jassbach, mit Begleitung verbal sehr zahm
- Gabriela Reichen: Döifus Begleitung
- Erich Mathys: „dr Wältmäischter“, oder gemäss Le Waala „ä längwilegi Moore“, nur auf dem Velo nicht ganz in Topform
- Walter Kilcher: „Le Waala“, bekannt von der letzten Tour (Dauphiné), auch diesmal der Chauffeur des Begleitfahrzeugs und gute Seele, gute Laune, ruhender Pol
- Webmaster: einer der prominenten Abwesenden, bekam er kurzfristig Angst vor einer „Abläsete“? (über Abwesende sollte man eigentlich gar nicht schreiben…)
Und nun zurück zum „Rennverlauf“. Bei den ersten Rampen hinauf bis zum neuen Zielort Langen am Arlberg bildeten sich Gruppen, die Favoriten zogen vorne weg. Doch dank der Hilfe vom Jungtalent und des potenziellen Neumitgliedes schaffte Möschtu kurz vor Langen den Anschluss wieder, was ihm den Titel „Wunder vom Arlberg“ einbrachte.
Mit dem Shuttle-Bus und dem Begleitbus erfolgte der Transport auf die Passhöhe. Die Abfahrt ins Hotel von St. Anton wurde wieder grösstenteils mit dem Velo bewältigt.
Im Hotel wurde über die Form des Schreibers spekuliert, ob er vielleicht doch mehr trainiert hat als angegeben. Beim feinen Essen konnten sich jedenfalls alle für den kommenden „Stich“ hinauf zum Gletscher von Sölden stärken.
Die Anfahrt nach Sölden am nächsten Tag war von noch mehr Nervosität geprägt. Über ein halbes Jahr lang wurde nur von diesem Tag gesprochen, heute musste jeder seine Karten auf den Tisch legen. Sämtliche Trainingsfahrten mit oder ohne Strava sollten niemanden mehr interessieren, nur noch der Kampf gegen den Berg und die anderen Rennfahrer zählte! Einige Protagonisten nahmen den Mund etwas (zu) voll, wurde doch vom Karrierenende bis zur Verschrottung des eigenen Velos alles angedroht, sollte man nicht mit den ersten oben eintreffen.
Der schwerste Fahrer (erwartungsgemäss) gewann vor dem Untrainiertesten (weniger erwartungsgemäss) das Rennen zum Tiefenbachgletscher ob Sölden. Dies ist übrigens auch der höchstgelegenste Strassenpunkt Europas (2800m über Meer) und seit ein paar Jahren Zielort von Tour de Suisse Etappen. Der grosse Geschlagene war der Vizepräsident, als Favorit gestartet, erreichte er den Berpreis sogar noch hinter „Sprinter“ Sagan und allen anderen Finishern. Erstaunlich, wie der Vierzehnjährige Colin diese brutale Steigung (im Schnitt über 10%, Länge 14km) bewältigte. Der Velomech und seine Begleitung kapitulierten frühzeitig und verbrachten den Nachmittag in einem Café in Sölden, Erich betätigte sich als Beifahrer von Le Walaa und als Fotograf.
So kommt es, dass seit dieser Fahrt ein Bianchi-Rennrad auf tutti.ch zu kaufen ist, und der „Grümscheler“ überlegt sich, sein Velogeschäft aufzugeben. Gerüchten zufolge liess der Chronist den Präsi nur ziehen, damit nicht auch dieser das Velo an den Nagel hängt, denn mit wem hätte er dann noch Touren unternehmen können? Jedenfalls wurde aus dem Wunder vom Arlberg nun sogar das Wunder vom Tirol. Der Chronist hofft allerdings, dass die angekündigten Rücktritte bis in ein paar Wochen Makulatur sind, denn nach der Clubtour ist bekanntlich vor der Clubtour.
Zu Ende ging die Geschichte am letzten Julitag mit einer Flachetappe bis Landeck, und von dort mit einer mühsamen Zugfahrt zum Ausgangspunkt Thun zurück.
Vielen Dank für die Breaking News aus Ö. Ein Lesegenuss der Extraklasse. Herzlich Monique